Wieso bleibt nur Gandalf seiner Aufgabe treu?

Alles rund um die Person J.R.R. Tolkien, Biographie des Autors, Inhaltliches zu Tolkiens Werken, Fragen zu Mittelerde, deutsche Übersetzungen (Carroux, Krege, Scherf & Co.)

Beitragvon eldárwen nátulcien » Fr, 26 Mär 2004, 13:41

Also kann man das ganze im Endeffekt ein bisschen mit dem hinduistischen Shiva vergleichen... :wink:
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Beitragvon Eol » Fr, 26 Mär 2004, 20:21

Also SO habe ich mir Iluvatar nie vorgestellt, als neutral über gut und böse thronend, alles gleichermaßen erzeugend und umgreifend. Ist eine interessante Vorstellung, aber vermutlich nicht die Tolkiensche - zu unchristlich. Iluvatar wird ja nicht den Bösen helfen, wenn die Guten übermächtig werden, das heißt seine "regelnden Eingriffe" gehen nur in eine Richtung, und das heißt, er ist nicht neutral, sondern steht letztlich auf der Seite des Guten.

Aber ich fürchte, wir drehen uns im Kreis :wink:
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Beitragvon Aldebaran » Fr, 26 Mär 2004, 21:16

Halt halt, bevor ich mich etwas falsch versteht.
ER hat gut und böse in sich, deshalb ist die Welt so. Aber ER hat sich für das Gute entschieden, deshalb ja die regelnden Eingriffe, wenn das Böse zu mächtig wird.
Ich meinte doch auch, uns ging es auch immer so. Wir haben alle gute und böse Seiten in uns. Dennoch versuchen wir alle (normalerweise) die gute Seite überwiegen zulassen.

Klingt vielleicht zu unchristlich, ich weiß. Aber dem bin ich sowieso nicht so zugetan. Dann eben doch eher in die Richtung der asiatischen Religions-/Weltvorstellungen. ;)
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Beitragvon eldárwen nátulcien » Sa, 27 Mär 2004, 9:38

Hab ja auch nur gemeint, das es vergleichbar ist. :D Ansonsten haben wir, glaub ich, alle irgendwo Recht: Wer kann schon genau sagen, was Tolkien sich dabei gedacht hat? :wink:
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Beitragvon Eol » Di, 30 Mär 2004, 16:35

Okay, alles klar, jetzt hab' ich Aldebarans Konzeption kapiert. Die hat natürlich den Vorteil, erklären zu können, wieso Iluvatar sagt, dass jedes Thema in ihm selbst seinen Ursprung hat und niemand das Lied ihm zum Trotz ändern kann.
Problem hierbei ist, dass die Funktion von solchen Schöpfungsmythen gerade auch ist, zu erklären, wo das Böse herkommt, das in uns allen steckt. Und wenn man es jetzt einfach in Iluvatar zurückverschiebt, dann hat man eigentlich keine Erklärung, sondern eine neue Frage, nämlich wieso denn Iluvatar das Böse in sich hat. Er ist dann in der Tat wie wir: gut und böse, aber bemüht (erfolgreicher als wir) das Gute überwiegen zu lassen.

Na ja, vielleicht hätte ich mir diesen Beitrag doch verkneifen sollen, um nicht endgültig alle zu langweilen. eldárwen nátulcien (was für ein Name!) hat schon Recht, wir wissen nicht, was Tolkien im Sinn hatte. Aber spekulieren macht halt (eine Zeit lang) Spaß, und man will doch wissen, ob und wie all' die Sachen, die Tolkien sagt, grundsätzlich überhaupt zusammenpassen können - hätte vielleicht auch Konsequenzen für unser eigenes Weltbild - oder wenigstens für unsere Vorstellung davon, was im Prinzip möglich wäre!? :wink:
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Beitragvon Aldebaran » Di, 30 Mär 2004, 17:44

Um endgültig abzuschweifen...

Sicher verschiebt sich damit der Ursprung vom Bösen auf eine "höhere" Ebene, auf die von Iluvatar.

Ich erwähnte ja schon, das ich den asiatischen Weltvorstellungen mehr zugetan bin. Von daher auch meine Schlüsse, was diese Aufteilung in Gut und Böse angeht:
Die Welt ist polar aufgebaut. Es gibt immer Gut und Böse. Licht und Dunkel. Mann und Frau. etc.
Es wird immer unterschieden, und schon diese Tatigkeit (das Unterscheiden) zeigt die Ploarität der Welt.
(D.h. aber nicht, es gebe keine Zwischentöne!)
Also es existieren von allem zwei Seiten der Medaille.
Gäbe es zu etwas kein Gegenstück, so würde es nicht existieren.
Finden wir selbst den Ausgleich zwischen den Extremen, so gelangen wir in einen Zustand, der in einigen asiatischen Religionen "Nirwana" genannt wird. Die Auslöschung aller Extreme und Unterschiede.

Ich fürchte bloß, der liebe Professor hat beim Schreiben der Geschichten kaum an sowas gedacht. *g* ;)
Und wir können alle kaum erahnen, was er nun wirklich dachte.

Aber spekulieren macht Spaß. Sofern man sich an gewisse Grenzen hält.
Und letztendlich ist es doch schön, wenn wir uns im großen und ganzen einige sind, aber noch genug Freiraum für eigene Interpretationen und Ansichten bleibt. ;)
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Beitragvon knechtodawas » Di, 30 Mär 2004, 18:29

Dass Tolkien beim Schreiben an asiatische Weltanschauungen gedacht hat, halte ich auch für äußerst unwahrscheinlich. Er war schließlich nicht nur ein gläubiger Katholik, sondern empfand diese Religion als zentralen Bestandteil seines Lebens.
Besonders Tolkiens Worte an seinen Freund Clive Staples Lewis weisen auf einen christlichen Hintergrund seiner Werke hin.

"Wir kommen von Gott und unvermeidlich werden die Mythen, die wir ersinnen[...]einen Funken des wahren Lichts spiegeln, der ewigen Wahrheit, die bei Gott ist."

Tolkien sah sich selbst als Nebenschöpfer, der mit seinen Mythen diese Wahrheit umschreibt.
Er war der geborene Maler. Keiner von den ganz großen natürlich; und doch hat ein Blatt von Tüftler seinen eigenen Reiz.
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Beitragvon Aldebaran » Di, 30 Mär 2004, 21:02

Ich dachte, ich hätte klar gemacht, das ich weiß, das dem nicht so ist. *seufz*
Es ist mir klar, das Tolkien das ganze nicht so gesehen hat. Es ist meine Ansicht der Dinge...

--

Andere Frage.
Was sagt dem die Christliche Lehre zum Ursprung des Bösen?
Gäbe dies nicht einen Hinweis auf Tolkiens Vorstellungen für Mittelerde?
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Beitragvon knechtodawas » Di, 30 Mär 2004, 21:29

Im Christentum gibt es eine Menge von Ansätzen, die sich mit der Enstehung des Bösen beschäftigen. Manche sagen, Gott habe nur das Gute geschaffen, den Menschen aber völlige Handlungsfreiheit gelassen. Deswegen haben sie die Möglichkeit, sich von ihm abzuwenden und so das Böse zu vertreten. Das liegt zwar nicht in Gottes Sinn, aber er ist gütig und lässt jeden alles tun, was ihm beliebt.
Andere wiederum sagen, Gott habe gleichermaßen das Gute und das Böse geschaffen, die zusammen eine Einheit bilden.
Nur am Übel gemessen kann das Gute in Erscheinung treten.
Heilung kann nur gut sein, wenn man vorher krank war, Schlaf kann nur entspannen, wenn man vorher erschöpft war.
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Beitragvon loxos » Mi, 31 Mär 2004, 6:30

Und dann war der noch der teufel mit seinem fegefeuer, welcher von vielen als satan angebetet wird . . . 8)
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Beitragvon Aldebaran » Mi, 31 Mär 2004, 15:11

*IoI*
@knechtodawas:
Das sind eben mehr oder weniger die zwei Möglichkeiten, die Eol unter a) und b) genannt hat.

@Eol: Hattest du diese beiden Ansichten aus dem Christentum im Hinterkopf, als du beide Möglichkeiten aufgeschrieben hast?
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Beitragvon Eol » Do, 01 Apr 2004, 22:07

@Aldebaran: Nicht direkt, eigentlich ist mir erst durch die Diskussion aufgefallen, dass dies im Grunde die zwei Möglichkeiten sind. Aber Tolkien hat Iluvatar so eindeutig in Analogie zum christlichen Gott entworfen, und Melkor in Parallele zu Luzifer, dass sich das Ganze wahrscheinlich eins zu eins aufs Christentum übertragen lässt.

Eine wichtiger Hinweis ist in der Tat, dass wir ohne das Böse das Gute nicht sehen könnten. Wir würden dann im Paradies leben, ohne es als Paradies zu erkennen, so wie die Eldar in Valinor. Vielleicht ist das Böse insofern doch von Iluvatar gewollt: damit seine Geschöpfe das Gute bewusst erkennen können und schätzen lernen. Nur sagt knechtodawas, dass sich dies wirklich nur auf die Erkenntnisebene bezieht: das Gute kann ohne das Böse existieren, aber nicht ohne das Böse erkannt werden. Dagegen scheint Aldebaran sogar zu meinen, dass das Gute ohne das Böse noch nicht einmal existieren könnte, weil alles, was existiert, in Gegensatzpaaren daherkommt. Das ist so ähnlich wie die Frage, ob man glücklich sein kann, ohne es zu bemerken . . .
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