Gedicht-Übersetzungen im HdR und Hobbit

Alles rund um die Person J.R.R. Tolkien, Biographie des Autors, Inhaltliches zu Tolkiens Werken, Fragen zu Mittelerde, deutsche Übersetzungen (Carroux, Krege, Scherf & Co.)

Gedicht-Übersetzungen im HdR und Hobbit

Beitragvon Aldebaran » Di, 05 Okt 2004, 21:46

Nun komme ich doch ins Grübeln, wer in der Krege-Übersetzung des HdR die Gedichte übersetzt hat.

In der alten Carroux-Übersetzung war es ja E.-M. von Freymann. In der neuen Übersetzung steht sie auch drinnen als Übersetzerin.
Da aber die Gedichte zum Teil (oder gar alle?) neu übersetzt wurden, frage ich mich nun, wer es tatsächlich getan hat?
Hat Krege die "alte" Übersetzung als Vorlage genommen und sie überarbeitet? Oder wurden die Gedicht nochmal von Freymann bearbeitet?

EDIT: Ich habe mal den Titel erweitert.
Zuletzt geändert von Aldebaran am Mo, 11 Okt 2004, 21:26, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitragvon Gandalf » Di, 05 Okt 2004, 22:36

Stimmt, die Gedichte unterscheiden sich teilweise sehr.
Ich hab einfach mal eins aufgeschlagen, Ende Kapitel 7, In Tom Bombadils Haus. Da ist ja alles verdreht.

Krege schreibt dazu im Nachwort:
Aus der alten Ausgabe habe ich viele Lieder und Gedichte in Frau Freymanns vortrefflicher deutscher Fassung übernommen, weil ich sie durch nichts Ebenbürtiges ersetzen könnte. Der veränderte Prosa-Kontext erforderet einige geringfügige Abwandlungen; und andere Stücke wurden ganz neu übersetzt.


Ich glaube nicht, dass Freymann die Gedichte neu übersetzt hat. Ich denke das Krege die "Anpassungen" :wink: selbst vorgenommen hat.
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Beitragvon Aldebaran » Mi, 06 Okt 2004, 21:25

Ok, da ich so genau nicht in die Krege-Übersetzung geschaut habe, möge man mir meine Frage nachsehen. *g*

Aber mal anders gefragt, sind die neuen Übersetzungen denn besser als die von Freymann (im Sinne von näher dran am Orginal)? Oder wie siehts da aus?
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Beitragvon Der Alte Tuk » Mi, 06 Okt 2004, 21:40

Nein. :wink:
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Beitragvon Gandalf » Do, 07 Okt 2004, 10:40

Hier mal ein Beispiel, Erstes Buch, Ende Kapitel 7.

Original:
Ho! Tom Bombadil, Tom Bombadillo!
By water, wood and hill, by the reed and willow,
By fire, sun and moon, harken now and hear us!
Come, Tom Bombadil, for our need is near us!


Carroux:
He, Tom Bombadil! Tom Bombadonne!
Hör den Ruf, eile her, bei Feuer, Mond und Sonne,
Komm bei Wasser, Wald und Flur, steh uns nun zur Seite!
Komm bei Weide, Schilf und Ried, aus der Not uns leite!


Krege:
He, Tom Bombadil, komm zu unsrer Freude,
Komm, bei Wasser, Wald und Berg, komm bei Schilf und Weide,
Komm, bei Feuer, Sonn' und Mond, eilends angetreten,
Komm, Tom Bombadil, denn wir sind in Nöten!


Ein Gedicht zu übersetzen ist immer schwierig, da eine wortgetreue Übersetzung selten zu einem Reim führt.
Warum Krege das so neu übersetzt hat, weiss ich nicht. Inhaltlich passt es nicht "Komm zu unser Freude" bei einem Hilferuf :?: . Und die Reime sind auch katastrophal "Freude"-"Weide" und "Nöten" -"angetreten".

Ich stimme Tuk zu. Die Übersetztungen von Freymann sind deutlich besser.
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Beitragvon Der Alte Tuk » Do, 07 Okt 2004, 12:44

Die eklatantesten Beispiele finden sich meiner Kenntnis nach allerdings im Hobbit... :roll:
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Beitragvon Aldebaran » So, 10 Okt 2004, 20:22

Tuk, wie wärs mit einem Beispiel was den Hobbit angeht?
Dabei sollten wir aber im Auge behalten, die Übersetzung(en) von Scherf und die von Krege. Hinzu kommen die allgemeinen Kürzungen der Gedichte dort im Deutschen.
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Beitragvon Mark » So, 10 Okt 2004, 20:43

Wie wär's mal mit einem Gedichtvergleich für den Flammifer? Aber vielleicht nicht gerade Krege/Freymann oder Krege/Scherf, sondern zur Abwechslung mal zwei Versionen von "Cat". (Habe ich auf meiner Artikel-Wunschliste, möchte jemand? Oder wir alle zusammen?)
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Beitragvon Der Alte Tuk » So, 10 Okt 2004, 23:41

Tja... :roll:
Ich wollte ja längstens einen Artikel verfasst haben, in dem ein Vergleich von Gedichten des Hobbits allenfalls eine 'Unterabteilung' gewesen wäre...
Das, allerdings, wird von einem 'Über-Projekt' überlagert, an dem ich noch wenigstens ein Jahr sitzen werde, und das sich damit irgendwie 'beißt'...
Sorry, dafür, aber habe auch dafür dermaßen wenig Zeit, dass ich Prioritäten setzen musste.:cry:

Was noch gleich war mit cat gemeint? :?:


@Aldebaran
Schau Dir nur mal eben das Ork-Lied 'unterm Berg' an. :wink:
Da ist vor- und nachher stundenlang von einem Spalt (crack), der sich im hinteren Teil der Höhle öffnet, und durch den die Orks schlüpfen, die Rede.
Beide Übersetzer ergehen sich in allgemeinen 'Kniff' und 'Krach'-Lauten, ohne die mindeste Rücksicht darauf, welche Geschichte (eben unter Verwendung dieser wohlklingenden Silben) Tolkien gleichzeitig damit erzählt...
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Beitragvon Mark » Mo, 11 Okt 2004, 0:06

Der Alte Tuk hat geschrieben:Was noch gleich war mit cat gemeint?

Tolkiens Gedicht "Cat" aus Tom Bombadil. Es gibt neben der Übersetzung von E.-M. v. Freymann noch eine andere veröffentlichte, darüber hätte ich gerne mal einen gedichtinterpretatorischen Vergleich.
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Beitragvon Ciriel » Mo, 11 Okt 2004, 6:18

Also, an sich hat mir sowas immer Spaß gemacht. Der Hinderungsgrund wäre höchstens (neben der Arbeit am Thing-Vortrag), daß ich weder diese zweite Cat-Übersetzung besitze noch einen Krege-Hobbit.
Nebenbei darfst Du stolz sein, der Thingbericht ist wegeschickt und hat 5004 Zeichen. Fotos kommen irgendwann diese Woche nach (bis Freitag)..
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Beitragvon Mark » Mo, 11 Okt 2004, 6:26

Die zweite Cat-Übersetzung habe ich.

Das alles eilt eh nicht, kennst ja die Materialsituation beim Flammifer.

Thing-Bericht? Sehr schön! :)
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Beitragvon Ciriel » Mo, 11 Okt 2004, 9:37

Naja, wenn sonst keiner Lust hat und es nicht eilt... ich fänds schon spannend. Ich würde auch gerne mit jemandem daran zusammen arbeiten, so noch jemand anders Lust hat bzw, das machen will. Dann werde ich mir nur noch einen Krege-Hobbit zulegen müssen - aber das sollte ja nicht das Problewm sein. Die andere Cat-Übersetzung nehme ich gerne. Eigentlich wärst Du ja sehr dafür geeignet Mark, wenn es schon um Übersetzungen geht. Wollen wir das vielleicht gemeinsam machen? Es eilt ja nicht (:)), zumal es ja im Moment in der DTG recht heiß hergeht...

*notier* An die Fotos denken... ja... ich bin richtig stolz auf mich, daß ich so rabiat kürzen konnte. ;)
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Beitragvon Mark » Mo, 11 Okt 2004, 11:18

Vorschlag: Machen wir doch einfach ein Experiment - ich poste die beiden Versionen von "Cat" in einem gesonderten Thread, und dann sehen wir ja, wer sich alles an der Diskussion beteiligt. Vielleicht kommt am Ende ja wirklich ein brauchbarer Artikel für den Flammifer raus.

(Und damit sollten wir hier nun wieder zum Hauptthema zurückkommen ;))
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Beitragvon Aldebaran » Di, 12 Okt 2004, 19:41

Ok, versuchen wir es mal mit einem Gedicht aus dem Hobbit. Und zwar jenes, welches Tuk schon erwähnte, Kapitel 4 - Tolkien "Over Hill and Under Hill", Scherf "Über den Berg und unter den Berg", Krege "Drüber hin und unten durch".

[Orginal]
Clap! Snap! the black crack!
Grip, grab! Pinch, nab!
And down, down to Goblin-town
You go, my lad!

Clash, crash! Crush, smash!
Hammer and tongs! Knocker and gongs!
Pound, pound, far underground!
Ho, ho! my lad!

Swish, smack! Whip crack!
Batter and beat! Yammer and bleat!
Work, work! Nor dare to shirk,
While Goblins quaff, and Goblins laugh,
Round and round far underground
Below, my lad!



[Scherf]
Klapp! Schnapp! Ins Finstere hinab!
Gripp! Grapp! Schneid ihm die Ohren ab!
Ab in den Orkturm –
schrei nur, du Wurm!

Klatsch! Ratsch! Peitscht sie, und patsch!
Knüppel und Leder – wimmerst du? Watsch!
Eisen und Zangen im Orkturm –
quietscht noch ein Wurm?

Zisch! Zasch! Schnelelr und rasch!
Gejammer, Gewinsel – weh, wird einer lasch!
Drunten grabt ihr die Nägel wund –
murrt noch ein Hund?



[Krege]
Flatsch! Klatsch! Knuff und kniff!
Hab mein Bübchen fest im Griff!
Magenknurren, Ohrensausen,
Und wir brausen nach Orkhausen.
Hoho, mein Bübchen!

Ratter! Knatter! Stampf und fetz!
Dalli, Tempo, Laufschritt, wetz!
Schind dich, schufte, racker, schafft!
Nicht so schlaff, kleiner Aff!
Hoho, mein Bübchen!

Boff und boing! Quiek und quäk!
Jaul und jammer! Barm und blök!
Beule , Schramme, Pferdekuß
Und zum Schluß ein Bluterguß!
Hoho, mein Bübchen!

:shock: Anscheinend hat man zwei völlig verschiedene Gedichte auf deutsch vorliegen.

Bei Scherf ist dauernd die Rede von "Orkturm". Dabei steht im Orginal nichts davon, sondern im Gegenteil, da steht immer was von "down, down". Das Wort "Turm" impliziert doch eher, daß es hoch hinaus geht und nicht in die Tiefe, so wie es Tolkien wohl meinte.

Neben den Unterschieden in der Wortwahl, fällt vor allem der Tonfall auf.
Ich kann mir nicht helfen, aber bei Krege hört sich die Sache sehr niedlich an, fast harmlos. Scherfs Übersetzung ist zwar auch nicht so gut wie das Orginal, dennoch nicht so verniedlichend wie bei Krege.
Und ich kann mal wieder nur *wow* sagen, was das Orginal angeht. Tolkien hat die Situation sprachlich erstaunlich präzise eingefangen. Das klingt bei Lesen so, wie es sich wohl wirklich anhören würde. Das muß mal erstmal hinbekommen.
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Beitragvon Der Alte Tuk » Di, 12 Okt 2004, 22:56

Mal eben so...

Tolkien lässt Orks singen.
In primitiven, brutal klingenden Lauten, die sich überdies gut für ein furchteinflößendes Echo eignen und Worten erzählen die dabei etwas.
Die erzählen da, was passiert ist, und was die Gefangenen nun erwartet.
Und freuen sich auch noch daran, diese Fieslinge.

Die Zeilen 1 und 2 beschreiben, wie diese (wenige Zeilen zuvor im Text erschienene) Felsspalte sich schloss, die Orks ihre Feinde ergriffen, in die Enge trieben und gefangennahmen.
In Zeile 3 und 4 wird ein Gefangener direkt angebrüllt, und ihm dabei mehr oder weniger unfreundlich vermittelt, es gehe nun hinab zur Stadt der Orks.

Natürlich: Das ist alles ganz offensichtlich, und ich sage demjenigen, der Englisch versteht, und/oder über passende Nachschlagewerke verfügt, wohl nicht viel Neues.
Man muss sich das aber wirklich mal klar machen:
Beinahe nichts davon ist in beiden Übersetzungen zu finden, mit Ausnahme der Laute und dem Ziel, wobei selbst das, wie schon gesagt wurde, bei Herrn Scherf leicht mutiert. :roll:

Dass in der ersten Strophe Vergangenes, in den folgenden hingegen die fürchterliche Zukunft der Gefangenen beschrieben wird - auch hiervon merke ich so gut wie nichts. :roll:

Der Rest, der mich zum Weinen bringt, sind eher Kleinigkeiten.
Als äußerst ärgerlich empfinde ich allerdings noch die letzten Zeilen von fünf der sechs übersetzten Strophen.
Hier war es offensichtlich NICHT notwendig, in die Trickkiste zu greifen; ja, beim Übersetzen muss man gewisse Formalia berücksichtigen, schließlich, soll sich das Ganze am Ende reimen, möglicherweise noch einem gewissen Versmaß und Reimschema wenigstens ungefähr genügen - das ist nicht einfach.
Bei den letzten Zeilen, aber, ist dies ganz einfach nicht der Fall.
Es wäre absolut möglich gewesen, treffend, formal passend UND auch noch inhaltlich stimmig, die einfach so zu übersetzen.
Vom Englischen ins Deutsche. Die Aufgabe eines Übersetzers, nicht mehr, und nicht weniger.


Herr Krege:

You go, my lad = Hoho, mein Bübchen
Ho, ho, my lad = Hoho, mein Bübchen
Below, my lad = Hoho, mein Bübchen

Herr Scherf:

You go, my lad = Schrei nur, du Wurm
Ho, ho, my lad = quietscht noch ein Wurm
Below, my lad = murrt noch ein Hund

Wie ist so etwas mit 'notwendigen Maßnahmen', die man als Übersetzer eben treffen musste, um Inhalt, Form und hier auch Lautmalerei des Liedes möglichst originalgetreu zum Ausdruck zu bringen, zu begründen?
Für so etwas gibt es keine Rechfertigung, mir ist zumindest keine bekannt, ich verstehe so etwas nicht.
Einerseits oberflächlich und ungenau, und sich andererseits völlig überhöhte, 'künstlerische Freiheiten' herausnehmen, symptomatisch für den gesamten Rest beider Übersetzungen.

So, nur mal schnell hingeknallt, alle doppeldeutigen, englischen Begriffe, alle Brutalität und Verderbtheit der Orks, die - hier völlig unabgeschwächt und wenig 'kindgerecht' - beim Original rüberkommt usw. usf. mal beiseite gelassen... :roll:

Ein Verbrechen. :evil:
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Beitragvon Ciriel » Mi, 13 Okt 2004, 6:43

Weil Ihr damit angefangen habt, werfe ich auch mal meine Gedanken dazu in den Raum, ich habe zwar nicht viel Ahnung von Reimschehmas, aber egal. Kein Anspruch auf Richtigkeit etc..

Kann mir mal jemand was erklären? Okay, die Lautmalerei, die Tolkien wohl mit voller Absicht ins Gedicht eingebracht hatte, versuchen beide zu halten, aber ich finde, beiden gelingt das nicht wirklich. Kann es aber sein, daß Herr Scherf sich zumindest mehr Mühe gegeben hat, das (ursprüngliche) Reimschema zu halten? Wie gesagt, ich habe nicht viel Ahnung davon, aber beim ersten Lesen kam es mir spontan so vor.

Ansonsten kann ich mich gerne anschließen, ich finde, bei Krege hört sich es noch mehr verniedlicht an als ohnehin schon. Besonders stört mich das "Bübchen". Für mich impliziert das, daß die Orks sich auch noch über die Zwerge lustig machen - in der Weise, als wären sie keinerlei Bedrohung. Wenn sie aber wirklich keine Bedrohung wären, dann hätten sie sie doch eher ignoriert, als diesen ganzen Aufwand mit dem Gefangennehmen zu treiben, oder?
"Drüber hin und unten durch" - Ich weiß nicht, für meinen Geschmack klingt das viel zu flapsig. Es ist ja noch nicht mal wirklich falsch, aber schmerzend ungenau. Wo bleibt das "hill"?
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Beitragvon Ivy » So, 17 Okt 2004, 19:25

*Michcirielanschliess*
Ich beschränk mich mal kurz auf Krege: Brrrrrrrrrrrrr
Eins muss man ihm ja lassen: was seine Wortwahl angeht, bleibt er sich treu: die ist immer ziemlich unpassend.

An diesem Beispiel:
Mal abgesehn vom Bübchen (Das passt im Kontext etwa so, wie Heidi Klums Badeanzug einer Sumoringerin (hier laufen gerade Nachrichten :) )
Orkhausen - find ich furchtbar, das klingt für mich nach nem netten kleinen Dorf aufm Land...

Nicht so schlaff, kleiner Aff! :?: :?: :?: Da ist ihm wohl kein anderer Reim eingefallen...

Beule, Schramme, Pferdekuß (Was bitte ist ein Pferdekuß??)
Und zum Schluß ein Bluterguß!

Was die Gebr. Hildebrand in der Malerei, schafft Krege bei einigen seiner Übersetzungen...

Scherf find ich etwas gelungener. Mal abgesehn von den genannten Punkten(Orkturm und die letzte Zeile)
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Beitragvon Der Alte Tuk » So, 17 Okt 2004, 23:58

Das mit dem Bübchen... :lol:

...stammt aus 'Westworld'.

Kennt diesen Film jemand hier (aus den 70ern)?
Habe ich mir gestern abend höchst entspannenderweise angeschaut (nicht zum ersten Mal), mit Yul Brynner in der Rolle des Roboter-Revolverhelden, der immerzu auffordert:

'Zieh, Bübchen!'

:wink:
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Beitragvon Ciriel » Mo, 18 Okt 2004, 7:42

@Ivy
Ein Pferdekuss ist ziemlich übel (*sich noch gut an die Zeiten voller blauer Flecken erinnern kann*), ist sowas Ähnliches wie ein Bluterguss, aber ziemlich großfächig - und noch schmerzhafter. ;)
Danke auch für die Blumen! ;)

Hat mal jemand den Vergleich von "Atterkopp" da? Irgendwie interessiert mich das, seit ich den "Annotated Hobbit" gelesen habe.
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Beitragvon Aldebaran » So, 24 Okt 2004, 9:47

Dann mal weiter mit Atterkopp. Aber bitte keinen Schock bekommen. ;)


[Orginal (Chapter 8 Flies and Spiders)]
Old fat spider spinning in a tree!
Old fat spider can´t see me!
Attercop! Attercop!
Won´t you stop,
Stop your spinning and look for me?

Old Tomnoddy, all big body,
Old Tomnoddy can´t spy me!
Attercop! Attercop!
Down your drop!
You´ll never catch me up your tree!



[Scherf (Kapitel 8, Fliegen und Spinnnen)]
Alte fette Spinne, spinn dich ein im Baum,
alte fette Spinne, siehst mich nicht im Traum!
Atterkopp!
Atterkopp!
Hast du keinen Faden, fällst du aus dem Baum!

Alte, faule Tratsche, schiel nicht um den Ast,
alte, faule Tratsche, hätt´st du mich gefaßt!
Atterkopp!
Atterkopp!
Willst du mich erwischen? Fällst ja schon vom Ast!



[Krege (Kapitel 8, Fliegen und Spinnen)]
Alte Spinne, juckt der Grind?
Fang mich, ehe ich verschwind!
Hopphopphopp!
Im Galopp!
Atterkopp!
Siehst mich nicht? Bist du denn blind?

Faule alte Wackelschlampe,
Brauchst du eine Taschenlampe?
Hopphopphopp!
Im Galopp!
Atterkopp!
Komm von deiner Krabbelrampe!
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Beitragvon Nimrodel » So, 24 Okt 2004, 14:25

Taschenlampe?
TASCHENLAMPE?????!!!!!!
*gnnnnnnnnnnnaaaaaaaaaahhhhhhh**graus* (hab nur die scherf Übersetzung...)
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Beitragvon Der Alte Tuk » So, 24 Okt 2004, 19:40

Ja, die berühmte Taschenlampe... :roll:
Naja... vielleicht gab es in adäquater Zeit ja so etwas wie kleine Laternchen, die (Krege wird vermutlich recherchiert haben?) evtl. sogar 'Taschenlampe' genannt wurden. Dennoch wirkt so etwas in meinen Augen wieder höchst atmosphärezerstörend, weil eben heutzutage nahezu jeder sofort an so ein stabförmiges Teil mit Batterien denkt, die es vermutlich in Mittelerde nicht gegeben hat...

Noch furchtbarer finde ich bei beiden Übersetzern die scheinbar absolut fehlende Inspiration betr. 'Atterkopp'. Ich denke mir, darüber ist viel geschrieben worden (ähnlich wie bei Shelob --> Kankra), dennoch mal ein paar kurze mögliche Richtungen, in denen man eventuell hätte denken können, um ein Fantasiewort zu erzeugen, das wenigstens entfernt dem Ursprung nahegekommen wäre:

-attra = Blumenessenz --> Saft, Spinnwebenflüssigkeit, versprühen, spritzen
-attack = Angriff
-cobweb = Spinnwebe
-cop = erwischen, schnappen

In HOME Bd. 7 findet sich folgende Anmerkung:
attercop: spider (Old English attor 'poison'; cf. cobweb, 'cop-web'). Bilbo called the spiders in Mirkwood Attercop.


Das hat nicht im Entferntesten etwas mit 'Kopp' zu tun, und 'Atter' hat im Deutschen wirklich keinerlei Bedeutung, jedenfalls ist mir keine bekannt.
Solch feine Nuancen damit abzutun, dass es sich ja schließlich nur um einen 'als Spottvers getarnten Kinderreim' handele, deutet auf eine oberflächliche Sicht dieses schönen Versleins, und, ich wiederhole mich: des ganzen Buches hin. :evil:
Auf den Rest der Übersetzungen will ich gar nicht eingehen... :roll:
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Beitragvon Ciriel » Di, 26 Okt 2004, 6:29

Ich habe länger überlegt, was ich dazu schreiben soll. Mir ist erst nichts eingefallen. Wahrscheinlich wars die Taschenlampe, die mich so sprachlos machte. Und wieder: Auch bei Scherf verliert sich der Sinn des Wortes "Atterkopp" natürlich völlig. Verstehen tut man das ohne Englisch-Kenntnisse jedenfalls nicht. Aber hopphopphopp? Da hätte es bestimmt schönere Möglichkeiten gegeben. Wieder mal hat sich gezeigt, daß von den Verantwortlichen niemand versteht (oder es nicht verstehen wollte?), warum die Lieder so sind wie sie sind. Ein simpler Spottvers ohne zumindest eine Andeutung des eigentlichen Sinns (den ich bei Scherf immerhin noch sehe) degradiert das Ganze einfach in Grund und Boden. Wie war das noch mal? Kinderbuch? Ah ja, dann brauchts ja nicht so anspruchsvoll zu sein. *ärger*
Und Krabbelrampe? Was ist das denn? Och nööö!

Und das, wo ich beim Hören des englischen wie des deutschen Hörspiels jedes Mal vor Lachen fast vom Stuhl falle - aber ich kann mir nicht gut vorstellen, daß Bilbo das wirklich singt.
Krege kann natürlich enwenden, dass die Taschenlampe nicht fehl am Platz ist in Hinsicht auf den Zug, das Golfspiel oder die Kukucksuhr (zumindest im letzteren Fall hinkt der Vergleich allerdings, denn im Original ist davon nicht die Rede). Aber trotzdem - es klingt nicht besonders gut und ist auch nicht nahe am Text.
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