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Margaret Carroux und ihre "enge Zusammenarbeit" mi

BeitragVerfasst: Di, 15 Feb 2005, 1:50
von Heidi
Hat Carroux tatsächlich eng mit Tolkien zusammengearbeitet? Gibt es dafür Nachweise? Gibt es Briefe?

Unter enger Zusammenarbeit stelle ich mir vor, dass Carroux während ihrer Übersetzungsarbeit täglich oder zumindest wöchentlich lange Stunden mit ihm zusammengesessen hat und alles und jedes mit ihm durchgegangen ist.

iIch hab schon mal ein paar Übersetzungen gemacht, habe nach Fertigstellung alles dem Komponisten (es war eine Oper) geschickt, damit er das durchsehen konnte - und dann haben wir uns einen Tag zusammengesetzt. Da habe ich meine offenen Fragen gestellt, und er hat ein paar Änderungswünsche geäußert.

So etwas nenne ich aber nicht enge Zusammenarbeit. Andererseits fällt es mir schwer zu glauben, dass Tolkien da mehr als einen Tag geopfert hat (wennn überhaupt) - immerhin war er schon 74.

Bin gespannt, ob jemand da Genaueres weiß.


Vielen Dank
Inken

BeitragVerfasst: Di, 15 Feb 2005, 2:14
von Mark
Die "enge Zusammenarbeit" ist ein Gerücht, welches sich u.a. im Internet zu verstärken scheint. Nach unseren Informationen trafen sich Tolkien und Carroux einmal, und ein weiteres Treffen lehnte Tolkien (aus welchen Gründen auch immer) ab. Der Mythos der engen Kooperation begründet sich vermutlich darauf, daß Carroux sich bei ihren Namensübersetzungen eng an den "Guide to the Names in LotR" gehalten hat. Dennoch schien Tolkien irgendetwas an ihrer Herangehensweise nicht zu behagen. Carroux und das Klett-Lektorat waren sich übrigens ebenfalls nicht einig über die Marschrichtung bei der Textübersetzung. Ich habe mal vor einigen Jahren beim seligen Humphrey Carpenter nachgefragt, ob über die in den Letters abgedruckten Briefe hinaus noch weitere Tolkien-Briefe existieren, insbesondere im Hinblick auf die deutsche Übersetzung, zu der die Letters ja nicht viel hergeben. Aber leider antwortete er nur: "I am afraid there are no more letters available - I'm sure we missed out a lot in 1981, but we printed anything we had of importance."

BeitragVerfasst: Di, 15 Feb 2005, 8:52
von A_Brandybuck
Es kam vor einigen Monaten mal eine Meldung raus, welche besagte, dass in den Staaten weitere Briefe gefunden worden sind (ich glaube aber nur ein paar). Aber da ich seitdem nichts wieder gehört habe, gehe ich mittlerweile davon aus, dass es einfach nur eine Ente war. Schade eigentlich.

Tolkien war generell abgeneigt sein Werk übersetzen zu lassen, da für ihn die Namen ein wichtiger Bestandteil seiner Werke waren und den Charakter erst vollständig machen. Eine Übersetzung, wo die englischen Hobbitnamen (welche die englische Countryside wiedergeben) in eine andere Sprache übersetzt werden, war für ihn glaube ich ein Gräuel, weil dadurch der ganze Flair verloren geht.
Da bin ich auch seiner Meinung, denn im Original ist das ganze "Shire-Feeling" anders als in der deutschen Übersetzung.
Könnte ein Grund sein, warum Tolkien nicht zu engen Kontakt mit Übersetzern pflegte. Könnte aber auch dagegen sprechen, da Kontakt mit den Übersetzern die "Andersartigkeit" verhindern würde.

BeitragVerfasst: Di, 15 Feb 2005, 17:32
von Aldebaran
Zu dem Thema siehe auch diesen Beitrag.
viewtopic.php?t=495

BeitragVerfasst: Di, 15 Feb 2005, 22:10
von Heidi
Ich bedanke mich vielmals für eure aufschlussreichen Antworten.

Zunächst eine Frage an Mark:
Darf ich diese deine Antwort in einen Thread des grünen Tolkienboards kopieren? Dennn dort ist die Frage sozusagen entstanden.

Zur Sache selbst melde ich mich dann später noch einmal.


Viele Grüße
Inken



Mark hat geschrieben:Die "enge Zusammenarbeit" ist ein Gerücht, welches sich u.a. im Internet zu verstärken scheint. Nach unseren Informationen trafen sich Tolkien und Carroux einmal, und ein weiteres Treffen lehnte Tolkien (aus welchen Gründen auch immer) ab. Der Mythos der engen Kooperation begründet sich vermutlich darauf, daß Carroux sich bei ihren Namensübersetzungen eng an den "Guide to the Names in LotR" gehalten hat. Dennoch schien Tolkien irgendetwas an ihrer Herangehensweise nicht zu behagen. Carroux und das Klett-Lektorat waren sich übrigens ebenfalls nicht einig über die Marschrichtung bei der Textübersetzung. Ich habe mal vor einigen Jahren beim seligen Humphrey Carpenter nachgefragt, ob über die in den Letters abgedruckten Briefe hinaus noch weitere Tolkien-Briefe existieren, insbesondere im Hinblick auf die deutsche Übersetzung, zu der die Letters ja nicht viel hergeben. Aber leider antwortete er nur: "I am afraid there are no more letters available - I'm sure we missed out a lot in 1981, but we printed anything we had of importance."

BeitragVerfasst: Di, 15 Feb 2005, 22:19
von Mark
Inken hat geschrieben:Zunächst eine Frage an Mark:
Darf ich diese deine Antwort in einen Thread des grünen Tolkienboards kopieren?

Ja, darfst Du.

BeitragVerfasst: Sa, 19 Mär 2005, 14:54
von Mellon
"Das Original ist mein einziger Schutz gegen die Übersetzer. Ich kann keinerlei Kontrolle über die Übersetzung eines so umfangreichen Textes ausüben, nicht einmal in den wenigen Sprachen, die ich ein wenig kenne; und doch lassen sich die Übersetzer einige sehr merkwürdige Fehler zuschulden kommen."

J.R.R.Tolkien: Brief Nr. 228, an Allen & Unwin